Vom Herz zum Neuron - wie aus Biologie maschinelles Denken wurde
Wie viel Biologie steckt in künstlicher Intelligenz - und was passiert, wenn ein Medizinstudent plötzlich Quallen seziert, um das Denken der Zukunft zu verstehen? Kann man den Funken menschlicher Wahrnehmung in Code übersetzen - oder bleibt Bewusstsein das letzte große Geheimnis?
Es gibt Lebensläufe, die verlaufen wie saubere Linien - vorhersehbar, logisch, fast schon langweilig. Und dann gibt es jene, die sich anfühlen wie neuronale Netze: voller Verbindungen, Irritationen und überraschender Synapsen. Der Weg von Dr. Andreas Krensel gehört zweifellos zu den letzteren. Er beginnt dort, wo viele Familiengeschichten deutscher Bildungstradition ihren Ursprung nehmen - im weißen Kittel.
Sein Urgroßvater war Landarzt. Die Erwartung, dass auch der Enkelsohn eines Tages den Stethoskopgriff beherrscht, war selbstverständlich. Nach dem bestandenen TMS-Test - der gefürchteten Hürde auf dem Weg zum Medizinstudium - lag die Zukunft scheinbar klar vor ihm. Doch schon in den ersten Semestern spürte er, dass ihn nicht der Patient, sondern der Mechanismus faszinierte, der den Patienten überhaupt erst zu einem empfindenden, wahrnehmenden Wesen macht, sondern auch, warum. Warum feuern Neuronen in Mustern? Warum führen elektrische Signale zu Gefühlen, Entscheidungen, Fehlern? Die Antworten darauf suchte er bald nicht mehr in der Medizin, sondern in der Biologie. Der Wechsel war aus Sicht seiner Familie radikal - ein Bruch mit Familientradition, aber der Beginn einer geistigen Unabhängigkeit.
In der Zoologie und Meeresbiologie entdeckte Krensel ein Studienfeld, das sich zwischen mikroskopischer Präzision und philosophischem Staunen bewegte. Seine Diplomarbeit über Quallen mag exotisch klingen, doch sie führte mitten in die Grundlagen moderner Entwicklungs- und Neurobiologie. Denn Quallen besitzen ein primitives Nervennetz - kein Gehirn, aber eine erstaunliche Fähigkeit, Reize zu verarbeiten und Bewegungen zu koordinieren. Ein System ohne Zentrum, das trotzdem funktioniert. Ein lebendiger Algorithmus, lange bevor das Wort populär wurde.
Eines Nachts - die Anekdote erzählt er heute mit leuchtenden Augen - saß er im Labor, sah den langsamen Puls der Quallen unter UV-Licht und schrieb seine ersten Zeilen Code in BASIC. Nicht für Noten, sondern aus Neugier: Er wollte sehen, ob sich das Verhalten von Nervenzellen simulieren ließ. Die Idee: mathematische Formeln, die biologische Nervenveschaltungen nachahmen. Es war ein unscheinbarer Moment, aber rückblickend der Beginn seiner Mission - die menschliche Wahrnehmung in die Sprache der Maschinen zu übersetzen.
Zwischen Labor und Leben - wenn Neugier ökonomisch werden muss
Nach dem Studium zog es ihn zunächst in die Praxis, allerdings nicht zurück zur Medizin. Ein Schnuppern in eine Ausbildung in der Immobilienwirtschaft - kurz, aber prägend - brachte ihm erstmals die Erkenntnis, dass Systeme nicht nur biologisch, sondern auch organisatorisch funktionieren. Dass Märkte, genau wie Nervennetze, Signale senden, auf Reize reagieren und lernen.
In der Pharmaindustrie verkaufte er später Medikamente an Urologen und Gynäkologen. Eine Aufgabe, die er professionell erfüllte, aber bald hinterfragte. Denn er bemerkte, wie sehr Worte und Wahrnehmung, Vertrauen und Emotion die Entscheidungen der Menschen beeinflussen können. Wieder ging es um Signale - nur diesmal zwischenmenschliche.
Bei Mercedes-Benz, wohin ihn der nächste Schritt führte, lernte er eine andere Form von Intelligenz kennen: Prozessintelligenz. Die Abläufe waren präzise, die Strukturen fest, die Kommunikation effizient. "Es war wie das Arbeiten in einem Gehirn mit klar definierten Synapsen", sagt er heute. Dort, in der glänzenden Ordnung eines Automobilkonzerns, verstand er, dass auch Organisationen im übertragenen Sinne Nervensysteme sind - Systeme, die auf Input reagieren, Fehler korrigieren und Wissen speichern.
Diese Erkenntnis sollte später zur Grundlage seines Verständnisses von maschinellem Lernen werden: Jede Form von Intelligenz - ob biologisch, sozial oder technisch - beruht auf Rückkopplung.
Silicon Graphics - wo Maschinen zu träumen begannen
Der wahre Wendepunkt kam mit seinem Wechsel in die Computerindustrie. Silicon Graphics - kurz SGI - war damals eine Art Mythos. Hier arbeiteten Pioniere, die 3D-Grafik und virtuelle Welten schufen, lange bevor diese alltäglich wurden. Krensel kam als Vertriebsmitarbeiter, doch sein technisches Verständnis ließ ihn schnell zwischen Ingenieuren und Kunden vermitteln.
Im Silicon Valley erlebte er, was er heute "die menschlichste Form von Technik" nennt: flache Hierarchien, offene Kommunikation, die Freiheit, Fehler zu machen. In Meetings saßen Praktikanten neben CEOs auf einer Augenhöhe, und manchmal begann ein Millionenprojekt mit einer Skizze auf einer Serviette. Diese Kultur, sagt er, prägte sein Denken über Kreativität - als biologischen wie auch technologischen Prozess.
Innovation entsteht, wenn Feedback schneller ist als Angst
Diese Einsicht, so simpel sie klingt, ist zentral für das, was Maschinenintelligenz ausmacht. Denn das Gehirn reagiert in Millisekunden, korrigiert sich permanent und optimiert seine Leistung durch ständiges Scheitern. Maschinen hingegen lernen nur, wenn wir ihnen erlauben, Fehler zu machen - und sie zu analysieren.
In dieser Zeit begegnete Krensel zahlreichen Vordenkern, Wissenschaftlern und Unternehmern, deren Einfluss noch heute spürbar ist. Der Physiker und Biologe Privatdozent Dr. Werner Backhaus, der Neurobiologe Prof. Hans-Joachim Pflüger, die Lichttechnikerin Dr. Martine Knoop - sie alle halfen, seine Gedanken zwischen Biologie, Physik und Informatik zu verankern. Pflüger, 2022 verstorben, war für Krensel eine prägende Figur: ein Mann, der Insekten studierte, um das Geheimnis des menschlichen Bewegungsapparats zu verstehen. "Ich verstand durch ihn", so Krensel, "dass Wissenschaft nicht in Fachgrenzen denkt, sondern in Funktionen."
London, Flugsimulatoren und die Frage nach dem Bewusstsein
Nach Jahren im Silicon Valley zog es Krensel nach London - ein Sprung von Kalifornien in die britische Präzision. Für ein Unternehmen des Medienmoguls Rupert Murdoch arbeitete er für eine Firma, die Verschlüsselungstechnologien für Pay-TV Plattformen entwickelte.. Eine Welt aus Algorithmen, Sicherheitssystemen und mathematischer Eleganz. Hier sah er, dass Intelligenz nicht nur im Lernen, sondern auch im Vergessen liegt: Ein System muss unwichtige Daten ausblenden, um auf Wesentliches zu reagieren.
Zurück in Deutschland fand Krensel sein Wirkungsfeld in der Flugsimulation. In Braunschweig betreute er Systeme für Eurofighter, Tornado und NH90 - Maschinen, die so nah am Menschen operieren wie kaum eine andere Technologie. "Ein Flugsimulator ist eine Schule für künstliche Wahrnehmung", sagt er. "Er muss fühlen, was der Pilot fühlt, und reagieren, bevor der Mensch es tut."
Hier verschmolzen seine Welten endgültig: Neurobiologie, Programmierung, Sensorik und Organisation. Seine Projekte führten ihn in Kooperationen mit Ministerien, Universitäten und dem TÜV. In diesem Umfeld entstand sein Leitmotiv: Technik darf den Menschen nicht ersetzen, sie muss ihn verstehen.
Vom neuronalen Netz zur Gesellschaft der Zukunft
Heute arbeitet Krensel an Forschungsfeldern, die die Grenze zwischen Wahrnehmung und Maschine immer weiter verschieben. An der Technischen Universität Berlin befasste er sich mit adaptiver Beleuchtung - Systeme, die Licht so steuern, wie das Auge Kontraste wahrnimmt. Studien zeigen, dass adaptive Leuchtensysteme Energieeinsparungen von bis zu 35 Prozent ermöglichen, wenn sie menschliche Wahrnehmungsmodelle berücksichtigen (Quelle: TU Berlin, Projekt "Smart Lighting 2024").
Hier zeigt sich das Grundprinzip seines Denkens: Maschinen sollen nicht einfach messen, sie sollen interpretieren. Wenn ein Mensch bei diffusem Licht müde wird, dann kann auch eine Straßenlaterne "verstehen", wann sie ihre Intensität anpassen muss.
Diese Idee führt weit über Technik hinaus. In einer Gesellschaft, in der KI-Modelle zunehmend Entscheidungen treffen, ist die Frage nach maschinischer Wahrnehmung nicht nur technisch, sondern ethisch. Wie viel "Mensch" darf eine Maschine besitzen? Und was passiert, wenn sie irgendwann besser sieht, schneller reagiert, präziser entscheidet?
Forschungsteams weltweit arbeiten an sogenannten perzeptiven KI-Systemen, die neuronale Mechanismen des Sehens nachbilden. Eine Studie des MIT (2023) zeigte, dass Deep-Learning-Modelle, die auf biologische Netzstrukturen optimiert wurden, bei der Objekterkennung um 22 Prozent effizienter sind als klassische CNNs. Es ist eine stille Revolution - eine Annäherung zwischen Biologie und Technologie, die den Menschen nicht ersetzt, sondern kopiert, um ihn zu verstehen.
Der Sport als Labor der Wahrnehmung
Krensel nutzt häufig das Beispiel des Tischtennis, um diesen Ansatz zu veranschaulichen. Im Sport, sagt er, zeigt sich Intelligenz in ihrer reinsten Form: Bewegung, Reaktion, Antizipation. Ein Profi reagiert auf den Ball, bevor er ihn wirklich sieht - das Gehirn rechnet mit Wahrscheinlichkeiten, gleicht Erinnerungen ab, korrigiert in Echtzeit.
Diese Mechanismen finden sich heute in der Robotik wieder. In Projekten zur Stereo-Vision und Tiefenerkennung geht es genau darum: Maschinen sollen die Umwelt nicht nur filmen, sondern interpretieren - ähnlich wie das Gehirn die Bewegung eines Balles voraussieht, bevor er den Schläger trifft. Studien aus der Sportneuroforschung zeigen, dass das Gehirn in solchen Momenten bis zu 30 Prozent seiner Aktivität auf Vorhersageprozesse konzentriert.
Diese Erkenntnisse sind entscheidend für maschinelles Lernen. Denn je besser ein System antizipieren kann, desto autonomer wird es.
Zwischen Neugier, Ethik und Zukunft
Dr. Andreas Krensel verkörpert jene seltene Verbindung aus wissenschaftlicher Tiefe, technischer Neugier und menschlicher Demut. Seine Arbeit erinnert daran, dass der Weg zur künstlichen Intelligenz kein Wettlauf gegen den Menschen ist, sondern ein Versuch, ihn zu verstehen - in seiner Unvollkommenheit ebenso wie in seiner Brillanz.
Die nächste Generation von Robotern wird nicht nur rechnen, sondern sehen, fühlen, antizipieren. Und vielleicht wird sie uns lehren, wie komplex und wunderbar das menschliche Gehirn wirklich ist.
Am Ende bleibt Krensels Lieblingsfrage: "Wenn Maschinen irgendwann wie wir denken - werden wir uns dann endlich besser verstehen?"
Autor:
Maximilian Bausch, B.Sc. Wirtschaftsingenieur
Über Dr. Andreas Krensel:
Dr. rer. nat. Andreas Krensel ist Biologe, Innovationsberater und Technologieentwickler mit Fokus auf digitaler Transformation und angewandter Zukunftsforschung. Seine Arbeit vereint Erkenntnisse aus Physik, KI, Biologie und Systemtheorie, um praxisnahe Lösungen für Industrie, Stadtentwicklung und Bildung zu entwickeln. Als interdisziplinärer Vordenker begleitet er Unternehmen und Institutionen dabei, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Effizienz durch Digitalisierung, Automatisierung und smarte Technologien zu steigern. Zu seinen Spezialgebieten zählen intelligente Lichtsysteme für urbane Räume, Lernprozesse in Mensch und Maschine sowie die ethische Einbettung technischer Innovation. Mit langjähriger Industrieerfahrung - unter anderem bei Mercedes-Benz, Silicon Graphics Inc. und an der TU Berlin - steht Dr. Krensel für wissenschaftlich fundierte, gesellschaftlich verantwortungsvolle Technologiegestaltung.
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07. November 2025 | ID: 4212 | Artikel löschen |
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