"Abwarten ist keine Lösung - Kammern und Gesundheitsministerium müssen jetzt handeln!"

Bonn, 01.10.2025 - Bisher mussten Psychotherapeuten ihre aufwändige Ausbildung selbst bezahlen und bekamen nur einen Teil der geleisteten Honorare erstattet. Dabei brachten viele oft mehr als 50.000 Euro auf. Das sollte mit einer neuen Weiterbildungsordnung (WBO) anders werden: die Weiterbildung zum Psychotherapeuten sollte künftig kostenlos sein und vergütet werden.
Offensichtlich ist dies so nicht finanzierbar, denn derzeit bieten von den 173 Ausbildungsinstituten nur wenige die Ausbildung nach der neuen Regelung an. In der Folge stehen jetzt knapp 5.400 Weiterbildungskandidaten vor verschlossenen Türen. Das von der Bundesregierung verabschiedete und in 2020 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung und die damit verbundene neue Weiterbildungsordnung führen zu diesen Problemen bei der Finanzierbarkeit der psychotherapeutischen Weiterbildung. Die mehrjährige Weiterbildung in einem Fachgebiet (z. B. Erwachsenentherapie oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie) ist aber notwendig, um später einen Kassensitz bekommen zu können.
Wie oben bereits angerissen sieht die aktuelle WBO vor, dass alle Zeiten der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung (PiW) voll bezahlt werden - auch Weiterbildungstage ohne Patientenkontakt. Diese Zeiten sind somit nicht gegenfinanziert. Dies führt zu gravierenden Finanzierungsproblemen bei den Ausbildungsinstituten, die diesen finanziellen Rahmen nicht stemmen könnten, so das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk (DPNW).
Nach Schätzungen des Verbandes möchten ab August 2026 rund 8.100 Absolventinnen und Absolventen des neuen Studiengangs Psychotherapie ihre Weiterbildung beginnen. Jedoch sind geeignete und finanzierbare Weiterbildungsplätze kaum vorhanden, denn der Gesetzgeber hat keine klaren Finanzierungsregeln vorgegeben. Kliniken und Praxen sind bisher nicht verpflichtet, Weiterbildungsstellen zu schaffen oder zu bezahlen. Und es gibt auch keine bundeseinheitliche Finanzierung durch Krankenkassen oder staatliche Stellen. "Dass hier etwas kommt, ist angesichts knapper Kassen im Gesundheitswesen höchst unwahrscheinlich", so der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler.
Adler mahnt: "Damit droht nicht nur ein persönliches Fiasko für die jungen Kolleginnen und Kollegen, sondern auch eine zusätzliche Versorgungskrise für Patientinnen und Patienten. Das darf nicht passieren. Deshalb haben wir ein praktikables Konzept entwickelt, das ohne zusätzliche staatliche oder kassenfinanzierte Mittel auskommt und schnell umsetzbar ist."
Das Parallelkonzept des DPNW sieht zwei Wege der Ausbildung vor. Beim ersten Strang werden die Weiterbildungskosten (Theorie, Selbsterfahrung, Supervision) von den Weiterbildungseinrichtungen übernommen und die PiW müssen hierfür nichts bezahlen. Zudem erhalten die PiW für ihre Arbeit mit Patienten sowie der Vor- und Nachbereitung den tariflich geregelten Lohn. Hingegen erhalten sie an den Weiterbildungstagen ohne Patientenkontakt keine Vergütung. Dies ist der entscheidende Unterschied zur aktuellen Weiterbildungsordnung, die eine volle Bezahlung aller Zeiten vorsieht.
Damit erhalten PiW rund 80 Prozent des regulären Tariflohns, bei gleichzeitig vollständig kostenfreier Weiterbildung. Adler meint: "Ich denke, dass ist ein tragbares Modell. 80 Prozent Bezahlung bei voller Weiterbildung ist besser als nichts. Denn quasi gar keine Weiterbildungsplätze wären die Folge der aktuell gültigen WBO. Die Idee, jungen Menschen diese hochqualifizierte Weiterbildung künftig kostenlos anzubieten und angemessen zu vergüten, ist zu begrüßen. Doch der Spagat zwischen 100 Prozent und 0 Prozent Kosten war zu groß und ist derzeit unrealistisch. Der Kompromiss von 80 Prozent Gehalt und 0 Prozent Kosten ist eine «Win-Win-Situation» für alle."
Adler appelliert: "Eine einfache Änderung der Weiterbildungsordnung würde das Problem sofort lösen. Abwarten ist keine Lösung - Kammern und Gesundheitsministerium müssen jetzt handeln! So nobel die Vorstellung ist, die Weiterbildung voll zu finanzieren, so unrealistisch ist deren Umsetzung. Rücken Sie von den leeren Versprechungen ab und riskieren Sie nicht die Zukunft von tausenden Berufseinsteigerinnen und -einsteigern sowie die psychotherapeutische Versorgung in Deutschland."
Der zweite Strang läuft nach altem Muster ab. Dazu muss die Frist für den Abschluss der alten Psychotherapie-Ausbildung vom 1. September 2032 auf den 1. September 2036 verlängert werden, so die Forderung des DPNW. Damit würde auch den 4.500 Psychologie-Masterabsolventinnen und -absolventen ohne Approbation eine faire Perspektive gegeben.
Hintergrund
Bis 2019 verlief der Weg zum Psychotherapeuten folgendermaßen:
• Man studierte Psychologie oder Pädagogik/Sozialpädagogik.
• Danach machte man die "Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten" oder "Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin".
• Diese Ausbildung war privat organisiert, oft an privaten Instituten. Die Kosten lagen bei 20.000-60.000 Euro, die die Studierenden selbst zahlen mussten. Parallel arbeiteten sie in Kliniken, bekamen aber meist eine eher geringe Vergütung.
Mit der Reform ab 2020:
• Psychotherapie ist nun ein eigenes, staatlich geregeltes Studium (Bachelor und Master mit Approbationsprüfung).
• Nach diesem Studium hat man die Approbation und darf sich "Psychotherapeut" nennen - ist aber noch nicht voll selbstständig tätig, sondern muss eine mehrjährige Weiterbildung machen, ähnlich wie Ärztinnen nach dem Medizinstudium.
Über den Verband
Das "Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk" (DPNW) wurde am 02.05.2019 in Bonn gegründet. Es hat über 2.700 Mitglieder und 13.500 Abonnenten seines Freitags-Newsletters. Damit ist der DPNW drittgrößter Berufsverband im Bereich Psychotherapie. Der Vorstand besteht aus: 1. Vorsitzender: Dipl.-Psych. Dieter Adler, 2. Vorsitzende: Dipl.-Psych. Claudia Reimer, Dipl.-Päd. Sevgi Meddur-Gleissner. Mehr unter: www.dpnw.de
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01. Oktober 2025 | ID: 3050 | Artikel löschen |
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