Wildpinkeln & Wirtshaus-WC: Was gilt rechtlich?
Anlässlich des Welttoilettentags am 19. November widmen sich die ARAG Experten einem Thema, das zwar alltäglich ist, aber rechtlich überraschend viele Fragen aufwirft: Wann und wo darf man sich eigentlich erleichtern und wann kann es teuer werden? Ob beim Spaziergang im Wald, zu Hause, im Büro oder auf Reisen: Wenn die Blase oder mehr drücken, sind passende Lösungen manchmal nicht in Sicht. Doch auch für das sprichwörtliche "Stille Örtchen" gibt es klare Regeln. Die ARAG Experten geben einen Überblick.
Der Wald als "Stilles Örtchen"?
Beim Spaziergang durch den Wald meldet sich plötzlich die Blase. Oder schlimmer noch: der Darm. Was tun? So schön die Freiheit in der Natur auch ist, sie stellt Menschen manchmal vor sehr menschliche Herausforderungen. Denn wer sich irgendwo im Grünen erleichtert, bewegt sich laut ARAG Experten rechtlich auf dünnem Eis. "Wildpinkeln" ist in Deutschland nämlich nicht grundsätzlich erlaubt. Wer in der Öffentlichkeit uriniert, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit hohen Bußgeldern bestraft werden kann. In abgelegenen Gegenden, etwa bei langen Wanderungen, kann aber der sogenannte "rechtfertigende Notstand" gelten. Wenn also keine Toilette in Sicht ist, darf man sich in Ausnahmefällen auch im Wald erleichtern. Allerdings diskret und mit Rücksicht auf Mensch und Natur.
Beim "kleinen Geschäft" mag man laut der ARAG Experten noch diskutieren können, doch beim großen hört der Spaß auf. Denn was viele vergessen: Exkremente sind nicht einfach ein natürlicher Dünger. Sie enthalten Keime, können Böden und Gewässer verunreinigen und sind für Tiere gefährlich. Wer wirklich muss, sollte einen Platz abseits von Wegen und Wasserläufen suchen, eine kleine Mulde graben, das Geschäft verrichten und die Stelle anschließend sorgfältig wieder bedecken. Toilettenpapier oder Feuchttücher dürfen auf keinen Fall liegen bleiben. Sie gehören in einen Beutel und später in den Restmüll.
"Nur für Gäste" erlaubt?
Ein weiteres druckvolles Dilemma: Dürfen Cafes oder Restaurants Nicht-Gästen den Gang zur Toilette verwehren? Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass Betreiber ein Hausrecht haben. Danach dürfen sie ihre sanitären Anlagen grundsätzlich nur den zahlenden Gästen vorbehalten. Wer also dringend muss, sollte freundlich fragen und im Zweifel ein Getränk bestellen. Viele Lokale zeigen sich kulant, manche verlangen eine kleine Gebühr. In Städten gibt es zudem immer mehr sogenannte "Nette Toiletten"-Betriebe, die ihre WCs kostenlos für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Ein roter Aufkleber an der Tür weist darauf hin. Es gibt sogar eine gleichnamige, kostenlose App, die zur nächsten Gastro-Toilette navigiert. Zudem raten die ARAG Experten zu Apps wie Flush, Toilet Finder oder Toiletten Scout, die ebenfalls kostenlos sind und zum nächstgelegenen öffentlichen WC führen.
Toilettenpflicht in Bus und Bahn?
Auf längeren Reisen mit Bus oder Bahn ist der Toilettengang manchmal eine Zitterpartie. Denn funktionierende Toiletten sind oft Mangelware. Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass es in Zügen grundsätzlich keine gesetzliche Verpflichtung gibt, dass Toiletten vorhanden sein müssen. Dennoch sind in der Regel alle Fernzüge mit Toiletten ausgestattet. Sind sämtliche Toiletten zur selben Zeit defekt, kann es aber einen Organisationsmangel darstellen, der im Extremfall sogar ein Schmerzensgeld nach sich zieht (Amtsgericht Frankfurt, Az.: 32 C 261/01).
Auch zur Toilettenfrage in Bussen schweigt das Gesetz. Dennoch haben die meisten Fernbusse eine Toilette an Bord. Und die muss natürlich auch geöffnet sein und darf laut ARAG Experten auch während der Fahrt genutzt werden. Zudem ist es auf längeren Fahrten üblich, dass regelmäßig Pausen eingelegt werden, in denen Passagiere öffentliche Toiletten der angefahrenen Raststätten nutzen können.
Doch auch wenn das Pipi-Bedürfnis dringend ist, berechtigt nicht jede verspätete Toilettenpause während einer Busfahrt zu Schadensersatz oder Schmerzensgeld. In einem kuriosen Fall verklagte ein Reisender ein Busunternehmen unter anderem auf 3.000 Euro Schmerzensgeld, weil auf seiner Fahrt von Stuttgart nach Polen keine Toilettenpausen eingelegt wurden. Der Passagier behauptete, wegen quälenden Harndrangs gesundheitliche Probleme erlitten zu haben. Doch die Richter waren der Ansicht, dass Staus zum normalen Lebensrisiko gehören und außerdem die Bustoilette aufgrund des zähen Verkehrs später geöffnet wurde. Zudem hatte der Mann laut ARAG Experten sein dringendes Problem dem Fahrer gar nicht mitgeteilt. Daher ging er vor Gericht leer aus (Landgericht Frankfurt, Az.: 2-24 O 62/21).
Pinkel-Pause im Büro und im Homeoffice unfallversichert?
Der Gang zur Toilette ist unvermeidbar. Daher muss er während der Arbeitszeit weder angemeldet, noch genehmigt werden oder darf in irgendeiner Form begrenzt werden. Die ARAG Experten weisen allerdings darauf hin, dass lediglich Unfälle auf dem Hin- und Rückweg zur Toilette als Arbeitsunfälle gelten. Der Aufenthalt selbst in Toilettenräumen ist nicht unfallversichert. Hier endet der gesetzliche Unfallschutz an der Schwelle. Übrigens: Auch im Homeoffice sind Hin- und Rückweg zur Toilette durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.
Weitere Pipi-Urteile
Am Meer die gleichen Rechte wie Tiere im Wald
Wenn es nach den drei Mitarbeitern des Ordnungsamts Lübeck ginge, würde das Wasserlassen im Meer mit einem Bußgeld von 60 Euro geahndet. Das sollte laut der ARAG Experten ein Mann zahlen, weil er es wagte, nachts vom Strand aus in die Ostsee zu pinkeln. Doch die Richter ließen Milde walten. Eine "Belästigung der Allgemeinheit" erkannten sie ebenso wenig wie eine "grob ungehörige Handlung". Auch eine Belästigung durch Gerüche sei bei einer durchschnittlichen Pipi-Menge von geschätzt 200 Millilitern und einer Wassermenge von mehr als 20.000 Kubikkilometern Ostseewasser eher marginal. Abschließend räumten die Richter dem Menschen die gleichen Rechte wie dem Reh im Wald, dem Hasen auf dem Feld und der Robbe im Spülsaum der Ostsee ein: Nämlich einfach zu pinkeln, wenn die Blase drückt (Amtsgericht Lübeck, Az.: 83a OWi 739 Js 4140/23).
Wenn Stehpinkeln den Marmor zerstört
In einem kuriosen Fall wollte ein Vermieter seinem offenbar im Stehen pinkelnden Mieter nach Auszug die Mietkaution nicht zurückzahlen. Der Grund: Durch das stehende Urinieren seines Mieters hatten Urinspritzer den edlen Marmorfußboden der Toilette verätzt. Die Reparaturkosten von knapp 2.000 Euro wollte der Vermieter mit der Mietkaution verrechnen. Doch das ließ sich der Stehpinkler nicht gefallen, zumal ihn der Vermieter nicht über die besondere Empfindlichkeit und Pflegebedürftigkeit des Bodens informiert hatte. Vor Gericht hatte seine Unkenntnis laut ARAG Experten Erfolg. Der Richter sprach dem Mieter seine Kaution in voller Höhe zu (Amtsgericht Düsseldorf, Az.: 42 C 10583/14).
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17. November 2025 | ID: 4491 | Artikel löschen |
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